training bei Schmerzen.

Warum Kraft- und Stabilitätstraining bei Schmerzen und Problemen am Bewegungsapparat meistens nicht die Lösung bringt.

Immer wieder hört man in sozialen Medien oder im Fernsehen von vermeintlichen Fitnessexperten, die Krafttraining zur Bekämpfung von Schmerzen und Problemen empfehlen.

Vorab: Wir sind große Befürworter von (Kraft)Training in all seinen Unterformen und Synonymen, die man gerne verwendet. Und ja, Krafttraining ist sinnvoll, um eine muskuläre Balance zu fördern und unterentwickelte Muskeln zu stärken.

ABER

Wenn jemand Schmerzen oder funktionelle Probleme in Form von Bewegungseinschränkungen hat, sollte immer zuerst geklärt werden, was die Ursache dieser Probleme ist. Die Lösung ist definitiv nicht dieses Problem zu stabilisieren - denn der aktuelle Ist-Zustand scheint ja nicht zu funktionieren.

Ich erkläre meinen Patienten gerne folgendes Beispiel:

Nehmen wir an du hast eine Schraube und eine Mutter. Die Mutter sitzt nicht richtig auf der Schraube und verkantet sich. In diesem Fall macht es wenig Sinn mit viel Kraft zu versuchen die Schraube fest zu ziehen. Es ist sinnvoller die Mutter zu lösen, ordentlich auf das Gewinde der Schraube zu setzen und erst dann, wenn beide Komponenten sauber mit einander arbeiten, die Schraube festzuziehen.

Das bedeutet im übertragenen Sinn: Stabilisiere kein System, dass nicht sauber funktioniert.

Es macht also deutlich mehr Sinn in Erfahrung zu bringen, warum es zu Schmerzen kommt. Liegt eine Überlastung vor? Wenn ja, woher kommt diese? Wurden Belastungen appliziert, die das System nicht gewohnt war? Vielleicht ein Umzug oder Gartenarbeit. Oder liegt ein statisches Problem des Bewegungsapparates vor? Sind Muskeln in ihrem Längen-Spannungsverhältnis gestört? Funktioniert womöglich die nervale Ansteuerung nicht? Haben wir eine oder mehrere Blockaden (siehe Blogbeitrag “Blockade”)?

Wichtig ist die Ursache zu finden, sie zu beheben und im Anschluss oder auch begleitend zur Therapie mit dem Training zu beginnen.

„Die Muskulatur ist zu schwach, daher kommen die Probleme!“

Diese Aussage höre ich im Kontext von Training bei Schmerzproblemen auch immer wieder. Gehen wir diesen Gedanken einmal logisch an:

Im Kontext von Sportlern:

Angenommen jemand ist regelmäßig in seinem Sport aktiv. Egal ob es sich dabei um Fußball, Triathlon oder Tennis handelt. Dann führt diese regelmäßige Belastung zu einer adäquaten Anpassung an diese Belastung. Bedeutet: Du trainierst alle aktiven und passiven Strukturen die dieser Sport braucht. Oder anders formuliert: wie sollst du während dem Training deiner Zielbelastung zu schwach für deine Zielbelastung werden?

“Sein Gesäß ist zu schwach, deswegen hat der Spieler (Fußball) Schmerzen in der Hüfte”

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fußballspieler bei regelmäßiger Trainingsbelastung im Fußball einen Kraftverlust in der Zielmuskulatur erfährt, ist gering bis unwahrscheinlich. Was passieren kann: Ein Muskel ist von der Ansteuerung her abgeschwächt. Das bedeutet, dass der Muskel nicht mehr richtig angesteuert werden kann und damit nicht voll aktiviert wird. Sollte dies der Fall sein, müssen wir dennoch wieder der Frage nach dem “Warum” nachgehen. Warum ist der Muskel nicht mehr richtig angesprochen? Die Liste möglicher Ursachen ist lang. Von Kompression auf den versorgenden Nerv, zu einer negativen Ausgangsspannung des Muskels hin zu kleinen Verletzungen und/oder Problemen der funktionellen Kette. Viele weitere Ursachen müssen hier in Betracht gezogen werden.
Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Auch in diesem Fall ist die reine Trainingstherapie nicht die alleinige Lösung.

Wann kann (Kraft)Training helfen?

  1. Wenn die Sportart eine starke einseitige Belastung fordert oder der/die Sportler/in aufgrund des sportlichen Anforderungsprofils zu stark in ein bestimmtes Muster neigt.
    Beispiele sind hier Golf, Speerweitwurf, etc..
    Aber auch Fußballer/innen oder Crossfit-Athleten/innen können z.B. eine zu starke Lordose in der Lendenwirbelsäule ausbilden, die zu Problemen führen kann. In diesem Fall macht es tatsächlich Sinn über einen Längengewinn der Hüftbeuger und des Quadtriceps und einen Kraftzuwachs der Bauch- und Hamstringsmuskulatur einen positiven Einfluss auf die Becken und LWS Position zu erhalten.

  2. Wenn Sportarten mit wenig endgradigen Bewegungen auskommen. Ein gutes Beispiel sind große Basketballspieler/innen die häufig wenig Kniewinkel während dem Spiel brauchen. Sie laufen eher hüftdominant über den Platz. Die kleineren Spieler/innen haben aufgrund der tiefen Defense-Position deutlich mehr Kniewinkel und entsprechend stärkere Vasti medialis + lateralis. Diese muskuläre Ausprägung kann durch gezieltes Krafttraining nachgeholt und gefördert werden. Wobei das Training mehr der Prävention von Verletzungen als einer deutlichen Leistungssteigerung dient.

  3. Nach und begleitend zur einer ursachenbezogenen Therapie.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Sollten Sie Fragen und Anregungen zu diesem Thema haben oder einen Termin für eine ursachenorientierte Therapie mit anschließendem Training vereinbaren wollen, dann schreiben Sie uns gerne.

mit freundlichen Grüßen,

Thomas Armbrecht

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